Tonales Volumen und Offenheit zeitlich veränderlicher Schalle
Hannes Löschke;
Fortschritte der Akustik - DAGA 2007

Die Beurteilung der Klangfarbe von Musikinstrumenten mit gängigen psychoakustischen Merkmalen stellt sich in der Praxis als zu wenig aussagekräftig heraus. Zwar sind Lautheit, Schärfe und Rauhigkeit häufig ausreichend um Anspiele zu unterscheiden, jedoch treten bei der verbalen Charakterisierung häufig weitere Attribute auf, für die keine marktüblichen Messmittel existieren.
Bereits V.BISMARCK stellte für stationäre Klänge neben dem Klanfarbenattribut Schärfe zwei weitere unabhängige Faktoren heraus, die mit den Attributen "compact, boring, narrow, closed, dead" bzw. "full" belegt sind. In der Literatur sind hierfür die Modelle "Offenheit" von VALENZUELA und "tonales Volumen" (STEVENS, THOMAS und CABRERA) zu finden.
Das Modell für die Offenheit zeigte sich bei der Beurteilung von Klavierklängen als wirksam. Für die Untersuchungen zum tonalen Volumen wurden bisher nur stationäre Signale verwendet. Die Anwendbarkeit der in der Literatur gefunden Modelle für tonales Volumen auf nicht stationäre Signale wird in diesem Beitrag untersucht. Dazu werden die Ergebnisse von Hörversuchen mit verschiedenen Instrumentenanspielen sowie einigen synthetischen Signalen den Modellrechnungen entgegengestellt.

 

Zur Tragfähigkeit von Musikinstrumenten
Gunter Ziegenhals;
Fortschritte der Akustik - DAGA 2007

Die Zielstellung der im Vortrag beschriebenen Arbeiten bestand in der Objektivierung der Eigenschaft "Tragfähigkeit" von Musikinstrumenten. Es wird auf drei wesentliche Aspekte eingegangen:

Aufgrund der vom Musiker im normalen Spielbereich erzeugbaren Schallleistungen und unter Beachtung der durch die Spielposition eines Solisten entstehenden Schallausbreitungsvorteile gegenüber dem Orchester ist es mit allen gängigen Orchesterinstrumenten möglich sich über das Orchester zu erheben, wenn das Orchester zwei Dynamikstufen unter dem Solisten spielt. Die typische Kombination ist dabei Orchester im piano, Solist im forte. Diese Kombination findet sich auch in den allermeisten Passagen der von uns betrachteten Partituren. Die Metallblasinstrumente können das auch bei nur einer Dynamikstufe Unterschied erreichen.
Die Konzertaufnahmen fanden unter gleichzeitiger Verwendung von zwei Kunstköpfen in der Regel während der Hauptproben statt. Verglichen werden Passagen: Orchester allein, Solist allein und beide gemeinsam. Alle Soloinstrumente markieren sich im Zusammenspiel durch ihre typischen Formanten, wobei einzig die Violine einen wirklich das Orchester überstrahlenden Formanten aufweist. Insgesamt muss man feststellen, dass sich die Solisten, im Gegensatz zur verbreiteten Meinung von Musikern, ohne die Hilfe von Komposition, Arrangement und Dirigat nicht durchsetzen könnten, was sich in der Regel bereits in der stark reduzierten Besetzung bei Solokonzerten widerspiegelt.
Die Ergebnisse der Experimente und Befragungen führen zu dem Schluss, dass man unter Tragfähigkeit offensichtlich zwei Dinge versteht: Die Tragfähigkeit im weiteren Sinne als Wahrnehmbarkeit des Solisten und die Tragfähigkeit im engeren Sinne als klangliche Hervorhebung, als Strahlkraft des Solisten. Für beide Teileigenschaften werden nun folgende Definitionen formuliert:
Die Wahrnehmbarkeit eines Musikinstrumentes ist die Eigenschaft sich bei Bedarf solistisch derart aus dem Orchester / dem Ensemble herauszuheben, dass alle für eine vollständige Wahrnehmung des musikalischen Kontextes der Solostimme (Melodieführung, klanglicher Ausdruck, Dynamik u.a.) notwendigen Informationen den Zuhörer im gesamten Auditorium erreichen. Die Eigenschaft soll für alle Dynamikstufen über den gesamten Spielbereich ohne klangliche Einbußen erreichbar sein. Darüber hinaus soll die Wahrnehmbarkeit in allen Spielsituationen dem Musiker die für die Kontrolle seines Spiels notwendigen Informationen aus dem Raum zurückgeben.
Die Strahlkraft eines Musikinstrumentes ist die Eigenschaft sich klar klanglich vom Orchester abzuheben und insbesondere im Frequenzbereich 2000 ... 4000 Hz einen deutlichen Klangeindruck beim Zuhörer hervorzurufen.

Analysierte CD’s

Analysierte eigene Kunstkopfaufnehmen von Solokonzerten

Wir danken der Vogtland Philharmonie und den Organisatoren der Instrumentalwettbewerbe für ihre Unterstützung.

Literaturliste

/1/ Sikorski, J.: Von der Zertifizierung einer Geige; Instrumentenbau-Zeitschrift 1-2/2002

/2/ Therhardt, E.: Akustische Kommunikation - Grundlagen mit Hörbeispielen; Springer-Verlag Berlin - Heidelberg - New York 1998

/3/ Harajda, H.: Akustische Untersuchungen zur Einschätzung der Tragfähigkeit von Geigen in Anwesenheit anderer akustischer Signale;

Hudebni nastroje, Teil 1 1/1990, S. 17, Teil 2 2/1990, S. 63

/4/ Diskussionen anlässlich Gitarrenworkshop WSH 2001 Markneukirchen

/5/ Hill, H.; u.a.: Antonio Stradivari - Der Meister des Geigenbaus 1644 - 1737; Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1987

/6/ Antonio Stradivari - Ein Porträt; www.xcity.de/text/stradivari/portrait.htm

/7/ Brugger, H.: Die Violine - Qualitätskriterien/historischer Wandel; www.8ung.at/hansjoergbrugger/violine.de

/8/ Meyer, J.: Akustik und musikalische Aufführungspraxis; Verlag Erwin Bochinsky Frankfurt am Main 1995

/9/ Hall, D.E.: Musikalische Akustik - Ein Handbuch; Schott Musik International, Mainz 1997

/10/ Stolze, H.: Tragfähigkeit und Sängerformant-Vertiefung einer geläufigen Erklärung

/11/ Pfeiffer, J.G.: Das Streichinstrument für den Solisten ...muss nicht unbedingt teuer sein (1978); www.fritz.reuter.com/de/books/rin032.htm

/12/ Gätjen, B.: Musikinstrumentenklangaufnahmen am Spielerohr – eine neue Referenzaufnahmerichtung; Fortschritte der Akustik - DAGA ’94

/13/ Ziegenhals, G.: Vergleich von Hörtests aus Spieler- und Zuschauerperspektive; Fortschritte der Akustik - DAGA ’95

/14/ Ziegenhals, G.: Zur Beurteilung von Gitarren aus Spieler- und Zuschauerperspektive; Fortschritte der Akustik - DAGA ’96

/15/ Sundberg. J.: Die Wissenschaft von der Singstimme; Orpheus-Verlag GmbH, Bonn 1997

/16/ Meyer, J.: Zur Richtcharakteristik der Gesangsstimme; Fortschritte der Akustik - DAGA ’85

/17/ Heike, G.; Dünnwald, H.: Neuere Klanguntersuchungen an Geigen und ihre Beziehung zum Gesang; www.uni-koeln.de/phil-fak/muwilpubllfs_fricke/heike.html

/18/ Dünnwald, H.: Ein erweitertes Verfahren zur objektiven Bestimmung der Klangqualität von Violinen; Acustica 71, S. 272

/19/ Dünnwald, H.: Akustische Messungen an zahlreichen Violinen und Ableitung objektiver Kriterien für deren klangliche Eigenschaften; Dissertation Technische Hochschule Aachen 1984

/20/ Arns, Ulrich: Eine neue Art objektiver Qualitätsfeststellung von Geigen; Gravesaner Blätter Nr. VII/VIII – April/Mai 1957

/21/ Loos, Ute: Untersuchungen zur Tragfähigkeit von Geigentönen; Diplomarbeit Fachhochschule Düsseldorf 1995

/22/ Gockel, Andreas: Klangveränderungen beim Geigenspiel durch Rückkopplung mit der Hörerwahrnehmung; Diplomarbeit Fachhochschule Düsseldorf 1995

/23/ Dopper, Klaus: Querflöten – Lexikon; sonic Heft 6/2002 S. 44

/24/ Sirker, U.: Strukturelle Gesetzmäßigkeiten in den Spektren von Blasinstrumentenklängen; Acustica 30(1974) S.49-59

/25/ Sirker, U.: Die Wiedererkennbarkeit von Blasinstrumentenklängen nach Hochpaß-/Tiefpaßfilterung; 53rd AES Convention 1976 Zürich

/26/ Ziegenhals, G.: Grundlagen für einen Qualitätsstandard Vogtländischer Musikinstrumente; Musicon Valley – Report 2003 (ISBN3-00-012569-8)

/27/ Valenzuela, M.: Untersuchungen und Berechnungsverfahren zur Klangqualität von Klaviertönen; Diss. TU München 1998

 

 

Stimmungsmessung in der Musikinstrumentenfertigung
Holger Schiema;
Fortschritte der Akustik - DAGA 2007

Die Entwicklung von Hilfsmitteln zur Stimmung von Musikinstrumenten reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Im Jahre 1711 wurde die Stimmgabel durch den englischen Militärtrompeter "John Shore" entwickelt. Im letzten Jahrhundert gab es eine reiche Anzahl von Entwicklungen elektrooptischer sowie elektronischer Stimmgeräte. Der Vortrag behandelt die verschiedenen Arbeitsverfahren von Stimmgeräten sowie deren Vor- und Nachteile. Es werden verschiedene Stimmgeräte für die Instrumentengruppen: Zupf- und Streich-, Zungen- und Tasteninstrumente sowie Blasinstrumente erläutert. Der Schwerpunkt des Vortrages liegt dabei nicht auf der Nutzung der Stimmungsmessung durch den Musiker, als vielmehr auf deren Anwendung in der Herstellung von Musikinstrumenten. Insbesondere bei der Fertigung von Zungeninstrumenten fällt eine große Anzahl von Stimmvorgängen an, welche in den 1970er Jahren zum Teil vollständig automatisiert wurden. Der Vortrag wird ergänzt durch eine kleine Ausstellung historischer Stimmgeräte des letzten Jahrhunderts.

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